Tag der Zustiftung

Seit 2013 wird am 1. Oktober europaweit der „Tag der Stiftungen“ organisiert. Das Ereignis hat sich noch nicht wirklich im öffentlichen Bewusstsein etabliert, birgt aber eine gute Chance für das Stiften und die Stiftungsarbeit zu werben.

Unter dem Gesichtspunkt des Fundraising müsste es um einen Tag der Zustiftung gehen, denn das ist es, was viele – die meisten – Stiftungen brauchen. Leider ist das Instrument der Zustiftung noch weithin unbekannt.

Zustiftung heißt eine irgendwann nach der Stiftungsgründung (dem „Stiftungsgeschäft“ bei der zuständigen Stiftungsaufsicht) erfolgte Zuwendung in den Vermögensstock der Stiftung. Dieses „Grundstockvermögen“ bildet das Kapital der Stiftung, das ungeschmälert zu erhalten ist. Nur die Erträge aus dem Grundstockvermögen stehen für die gemeinnützigen Aktivitäten der Stiftung (neben Spenden und sonstigen Einnahmen) zur Verfügung.

Interessanterweise werben mittlerweile gerade große kapitalstarke Stiftungen wie die VolkswagenStiftung, die Zeit-Stiftung oder die Stiftung Polytechnische Gesellschaft um Zustiftungen. Natürlich kann man auch eine reiche Stiftung mit einer Zustiftung bedenken. So hat der amerikanische Milliardär Warren Buffet von 2006 bis 2014 über 17 Milliarden Dollar der Bill and Melinda Gates Foundation, der reichsten Stiftung der Welt, zugestiftet.

Für die Zustiftung in eine große Stiftung spricht deren Professionalität und deren bessere Aufstellung im Vermögensmanagement. Aber reiche Stiftungen kommen auch ohne Zustiftungen aus, während kleine sie zum Überleben brauchen. Für die Großen des Stiftungssektors gilt auch die Aussage des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen: „Durch eine Zustiftung erlangt der Zustifter in der Regel keinerlei Rechte.“ Für kleine Stiftungen ist diese Aussage juristisch korrekt aber strategisch irreführend.

Zustiftungen sind in jeder Höhe möglich. Manche Bürgerstiftungen werben Zustiftungen ab 10 Euro ein. Hier dagegen sprechen wir über mindestens fünfstellige Beträge. Dabei kann es um Bargeld gehen, aber auch um Immobilien, Wertpapiere, GmbH-Anteile, Lizenzen oder jede andere ertragbringende (!) Vermögensform. Gerade Sachwerte können bei den gegenwärtigen Kapitalmarktrenditen besonders attraktiv sein.

Eine Zustiftung kann zu Lebzeiten oder auch per Testament erfolgen. Gerade in der Planung des Erbfalls macht sie auch Sinn gegenüber einer laufenden Spendentätigkeit. Zustifter kann jede natürliche oder juristische Person (z.B. ein Unternehmen oder ein Verein) sein.

Die Steuervorteile sind für Zustifter und Erststifter identisch. Beide können bei einer BGB-Stiftung (nicht bei einer anderen Rechtsform wie GmbH, e.V., AG oder UG) bis zu 1 Mio. Euro (bzw. 2 Mio. Euro bei zusammen Veranlagten) als Sonderausgaben geltend machen. Dabei können sie frei entscheiden, ob sie den gesamten Betrag in einem Jahr steuerlich einsetzen oder in beliebiger Stückelung über bis zu zehn Jahre strecken. Im optimalen Fall erhält der Steuerpflichtige also auf eine Zustiftung von 1 Mio. Euro ca. 450.000 Euro vom Finanzamt erstattet. Zusätzlich zu diesen Sonderausgaben können Spenden in den laufenden Etat steuerlich wirksam werden.

Ein Zustifter, der mit einem fünf- bis sechsstelligen Betrag auf eine Stiftung zugeht, die selbst nur über Kapital in dieser Größenordnung verfügt (das ist die Mehrheit der Stiftungen) hat eine Verhandlungsposition, die viel zu selten thematisiert wird.

Die einfachste und meistverbreitete Form einer Zustiftung unter Bedingungen liegt darin, einen „Stiftungsfond“  einzurichten – auf Wunsch unter eigenem Namen und möglicherweise mit speziellen Zielen und Prozeduren. Ein Stiftungsfonds ist noch einfacher zu verwalten als eine Treuhandstiftung, weil keine gesonderte Steuererklärung dafür notwendig ist.

Wenn sich Stiftung und Zustifter einig werden, sind auch fundamentale Eingriffe in die Aufstellung der Stiftung möglich. Mit Zustimmung der Stiftungsaufsicht können Name und Satzung der Stiftung geändert werden. Grundsätzlich ohne solche Genehmigung können andere personelle Veränderungen in den Stiftungsorganen oder dem Management, andere Strategien, Arbeits- bzw. Förderschwerpunkte oder eine Verlegung des Büros der Stiftung verabredet werden. Auch eine andere Anlagepolitik für das Stiftungskapital kann ins Auge gefasst werden. Wiederum unter dem Vorbehalt der stiftungsaufsichtlichen Genehmigung kann auch mit der Aufstockung des Kapitals die Umwandlung der eigentlich ewigen BGB-Stiftung in eine Verbrauchsstiftung überlegt werden. Verbrauchsstiftungen setzen über einen Zeitraum von mindestens 10 Jahren ihren Kapitalstock ganz oder teilweise für laufende Förderungen ein.

Wer bei einer bekannten Sammelstiftung wie der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, der SOS-Kinderdorf-Stiftung, dem Stifterverband für die deutsche Wissenschaft oder den Stiftungen der Sparkassen und Banken zustiftet, wird sich in der Regel in der Standardkonfektion des Fundraising bewegen. Wer sich einen Maßanzug der Zustiftung wünscht, sollte sich auch einen Maßschneider leisten. Gute Stiftungsberater sind in der Lage, die richtigen Partner zusammenzubringen, die ganze Palette der Gestaltungsmöglichkeiten auf den Tisch zu legen und für einen fairen deal zu sorgen.

Was uns noch fehlt, ist eine gute Kultur des Zustiftens. Der Tag der Stiftungen sollte dazu einen Beitrag leisten.

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