Stiftungstage

Viele kennen die bundesweiten Stiftungstage, die jährlich an wechselnden Orten durch den Bundesverband Deutscher Stiftungen ausgerichtet werden. Mit 1000 bis 2000 Teilnehmenden sind das gewaltige Kongresse. Stiftungstage sind Heerschauen des Stiftungswesens, Meeting Points von Stiftungsmanagern, Messen der Finanz“industrie“, Gelegenheiten des Lernens und manches mehr.

Die Zahl der aktiven Mitspieler ist allerdings begrenzt. Auf den Podien finden sich nicht selten die üblichen Verdächtigen. Wahrscheinlich hat auch der bundesweite Stiftungstag die Grenzen des Wachstums erreicht. Er hat zu viele Teilnehmende für die Masse derjenigen Stiftungsaktiven, die nicht mit einem klaren Fokus kommen, und er mobilisiert zu wenige Teilnehmende, wenn man an den gesamten Sektor denkt. Nicht zuletzt ist er teuer – für die Veranstalter ebenso wie für die Besucher.

Sind kleinere Netzwerke und Foren ein Ausweg? Gerade fand der Landesstiftungstag Mecklenburg-Vorpommern statt, ausgerichtet vom Landesnetz der Stiftungen in MV zusammen mit der Mecklenburger Anstiftung. Das Landesnetz aus über 50 Stiftungen wird repräsentiert durch einen gewählten fünfköpfigen Landesausschuss, als dessen Sprecher ich fungiere. Der Landesausschuss verantwortet auch das gesamte Programm des Stiftungstages von der Wahl des Tagungsortes über die Finanzierung bis zur Auswahl der Themen und Referenten. Das Organisatorische liegt in den Händen der Mecklenburger Anstiftung. In diesem Jahr wurde der Stiftungstag MV zum vierten Mal veranstaltet aber erstmals in Vorpommern und in den idealen Räumlichkeiten des Alfried Krupp Wissenschaftskollegs im Zentrum von Greifswald. Mit ca.150 Teilnehmenden – nicht nur aus Stiftungen – war die Veranstaltung so gut besucht wie in den Vorjahren. Der Aufwand an ehrenamtlicher Arbeit zur Vorbereitung eines solchen Treffens war auch diesmal erheblich. Von März bis November läuft die Phase intensiver Arbeit: Abstimmungen untereinander, die immer langwierige Gewinnung von Referenten, das Fundraising, Text und Grafik, Öffentlichkeitsarbeit, Tagungsorganisation.

Eine Beobachtung, die ich immer wieder mache, bestätigte sich auch hier: es ist einfacher hochklassige Orte und Referenten zu gewinnen als eine hinreichende Anzahl interessiertes Publikum.

Für ein Entwicklungsland des Stiftens wie Mecklenburg-Vorpommern, das mit Brandenburg zusammen die rote Laterne am Ende des deutschen Stiftungszuges leuchten lässt, war die Besetzung der Podien gerade auch mit auswärtigen Experten erstklassig. Die für die Stiftungsaufsicht im Lande zuständige Justizministerin sprach ebenso wie der Chef der Staatskanzlei, der pommersche Bischof beteiligte sich mit einem Impuls, der Generalsekretär der VolkswagenStiftung, Wilhelm Krull, immerhin früherer Vorsitzender des deutschen und das europäische Stiftungsverbandes, hielt einen Abschlussvortrag. Finanzamt und Stiftungsaufsicht waren mit Beratungsständen vertreten.

Trotz minimaler Teilnehmergebühren und eines überschaubaren Zeit- und Wege-Aufwands an einem Samstag in der dunklen Jahreszeit ein ähnlicher Befund wie beim bundesdeutschen Stiftungstag: die große Mehrheit der gut 160 Stiftungen im Lande ist nicht zu locken. Man mag sich trösten, dass dennoch viele zum Stiftungstag des Landes kommen, die nicht zu bundesweiten Veranstaltungen gehen. Es ist aber auch ernüchternd, wie es mit der Vernetzungswilligkeit und dem Engagement für Belange des eigenen Sektors im Stiftungswesen aussieht. Wissen die Kolleginnen und Kollegen, was ihnen entgeht? Gespräche im Vorfeld des Stiftungstages legen die Vermutung nahe, dass die Abwesenheit sich weniger in der Erwartung begründet, nichts Neues zu hören als vielmehr in der Befürchtung fachlicher Überforderung bei Menschen, die Stiftung „nur“ im Ehrenamt nebenbei betreiben.

Diejenigen, die gekommen sind, größtenteils Wiederholungstäter, waren begeistert über Einblicke und Anregungen, Begegnungen und Verabredungen und über eine Atmosphäre, die Spaß an Stiftungsarbeit vermittelt. Sie sind die selbstbewussten Identitätsträger des Stiftungswesens.

Für das hochgelobte Stiftungswesen gilt, was auch in den meisten anderen gesellschaftlichen Bereichen zu beobachten ist: das Engagement für gemeinsame Anliegen und die Neugier, über den eigenen Tellerrand zu schauen, sind auf Minderheiten begrenzt. Minderheiten als Träger von Initiative und Innovation – das ist wiederum sehr stiftungsauthentisch.

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