Der lange Weg zur Reputation

Gerade hat der Deutsche Stiftungstag in Hamburg stattgefunden. Leider konnte ich wegen einer Vortragsverpflichtung in Schwerin nur am ersten Tag teilnehmen. Es war wie immer eine hervorragende Plattform für Vernetzung und Fortbildung, aber auch das große Schaulaufen des deutschen Stiftungswesens.

Ein Schaulaufen von Personen, Projekten und Konzepten, das Trends markiert und untergründig irgendwie Standing und Reputation taxiert. Was kann einem da Besseres passieren als mit dem eigenen Projekt in der Eröffnungsrede vom Bundespräsidenten lobend erwähnt zu werden? Für Viele vielleicht kein explizites Ziel, weil nicht realistisch operationalisierbar, aber doch ein schöner Traum. Und wenn es dann passiert, wie mit BÜRGER.INNEN.LAND Mecklenburg-Vorpommern, das die Herbert Quandt-Stiftung und die Mecklenburger AnStiftung 2012 aus der Taufe gehoben haben und dessen „Denkwerkstatt“ ich gemeinsam mit Christof Eichert vorsitze? Die Welt dreht sich weiter – keine besonderen Vorkommnisse.

Das mag die Eitelkeit kränken, um die geht es aber nicht. Neben aller persönlichen Befriedigung aus Lob und Erfolg, die ja nicht ernsthaft abzustreiten ist, geht es um das „Kapital der Ehre“, wie es der französische Soziologe Pierre Bourdieu genannt hat. Es geht um Reputation, man kann auch sagen Ansehen, Ruf, Renommee. Reputation ist im gemeinnützigen Sektor der Faktor, der finanzielle Kraft hebelt. Mein gern genutztes Beispiel: Wenn jemand zu Ihrer Stiftung kommt und Ihnen ein Projekt vorstellen möchte, nicht um von Ihnen eine materielle Zuwendung zu bekommen sondern Ihre ideelle Unterstützung, mit der er draußen werben möchte, dann ist das in klarer Indikator für gute Reputation.

Natürlich ist Geld ein ganz wichtiger Faktor, wenn es um das Gemeinwohl-Potential von Stiftungen geht. Aber nur Geld hilft nicht, kann sogar schaden. Wichtig ist das Vertrauen, das Ansehen, die Reputation, die Stiftungen genießen. Damit können sie Ideen beflügeln, Prozesse anstoßen, Widerstände überwinden oder Brücken bauen. Das in guter Reputation enthaltene Vertrauen ist die wichtigste Ressource in einer Gesellschaft, in der alles – direkt oder im übertragenen Sinne – käuflich erscheint. Solche Reputation baut sich im Schneckentempo auf, in tausend kleinen Schrittchen, wie die lobende Erwähnung durch den Bundespräsidenten auch nur eine ist. Reputation ruinieren kann man dagegen in Siebenmeilenstiefeln – Beispiel ADAC.

Es gibt den modischen Begriff des Reputationsmanagement (etwas ganz Anderes als bloße Imagepflege), das man nicht vernachlässigen sollte. Basis muss aber die unbedingte Seriosität der Handelnden sein – Seriosität im persönlichen Verhalten, im Stil der Stiftung und in der inhaltlichen Arbeit.

Die Ansprache des Bundespräsidenten an die deutschen Stiftungen:

 http://www.stiftungen.org/de/presse/pressematerial/pressemappen/eroeffnungsveranstaltung-des-deutschen-stiftungstages-2014.html

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