In eigener Sache
Zum 31.12 2018 habe ich die freiberufliche Beratungstätigkeit mit meiner Stiftungspraxis PhiPolisConsult beendet. Ich bleibe dem Stiftungswesen weiter verbunden – aber ausschließlich in ehrenamtlicher Funktion. Dazu gehören vor allem mein Engagement in der Mecklenburger AnStiftung und als Sprecher des Landesnetzes der Stiftungen in Mecklenburg-Vorpommern.
Was bedeutet das für diesen Blog?
Gestartet habe ich den Stiftungsblog vor 5 Jahren als Ergänzung zu meiner Beratungstätigkeit. Am Anfang stand die Idee, Hinweise, Tipps und Tricks für Ihre Stiftungspraxis in einer lockeren Form zu vermitteln. Im Laufe der Zeit hat sich der Fokus immer mehr zu Grundfragen des Stiftens verschoben.
Ich bin überzeugt, dass es an der Diskussion solcher Grundfragen mangelt.
Wir haben in der Zeit, die ich mit meiner fast vierzigjährigen Berufspraxis im Stiftungswesen überschaue, enorme Fortschritte in der Professionalisierung von Stiftungsarbeit gemacht: im Management, im öffentlichen Auftritt, in der Ausbildung von Stiftungsmitarbeitern, in der Ausdifferenzierung unterschiedlicher Stiftungstypen, in der Vermögensverwaltung, der ideellen Zweckverwirklichung, im Fundraising und der zivilgesellschaftlichen Profilierung von Stiftungen. Dazu haben der Bundesverband Deutscher Stiftungen, die Zeitschriften des Stiftungssektors, diverse Hochschuleinrichtungen, die wachsende Zahl der Stiftungsberater und speziell in Stiftungsfragen engagierte Stiftungen beigetragen.
Das ist eine erfreuliche Entwicklung.
Weniger erfreulich ist die zunehmende Verrechtlichung, Bürokratisierung und fiskalische Gängelung des Stiftungssektors. Die Energien der Stiftungsakteure – besonders der Ehrenamtlichen – verschieben sich so von der Zweckverfolgung klammheimlich in Richtung Haftungsvermeidung – Stichworte z. B. DSGVO, Transparenzregister, Vermögensanlagen, Abgabenordnung.
Die Frage Wie machen wir es im Sinne der Befolgung bürokratischer Vorschriften richtig? beschränkt den Raum für die Frage Machen wir das Richtige? Ein Eldorado für Anwälte und Wirtschaftsprüfer und ein Frust für Menschen, denen es darum geht, die Welt ein Stück besser zu gestalten.
Übergeordnete Themen fallen da schnell unter den Tisch. Der Stiftungsdiskurs ist weitgehend blind z. B. für die Spannungsverhältnisse von
- Demokratie und Stiftung
- Wohlfahrtsstaat und Stiftung
- Kapitalismus und Stiftung
- Vermögensentwicklung und Stiftung
- politischem Pluralismus und Stiftungen
- nationalem und globalem Gemeinwohl
Die Liste ließe sich fortführen und differenzieren.
Für all jene, die im Stiftungswesen erwerbstätig sind – sei es als Mitarbeiter, Lobby, Dienstleister usw. – besteht wenig Spielraum für solch selbstkritische Prüfung. Die Medienöffentlichkeit tut sich schwer mit Grautönen zwischen den Polen Rührstück oder Skandal. Und den Gesellschaftswissenschaften fehlt anscheinend die Fantasie, wie soziale und politische Großfragen am überschaubaren Gegenstand Stiftung zu untersuchen und zu diskutieren wären.
Solche Defizite mit diesem Blog kompensieren zu wollen, wäre vermessen. Aber Denkanstöße in diese Richtungen zu geben, das will ich weiter versuchen.
Fragen der gesellschaftlichen Entwicklung bewegen mich auch auf einem anderen Gebiet. Angeregt durch mein Engagement in Mecklenburg-Vorpommern und meinen Umzug von Hamburg aufs Land vor neun Jahren finde ich die Frage nach der Lage und Zukunft ländlicher Räume – besonders der sogenannten abgehängten – faszinierend. 2012 habe ich dazu in Kooperation mit der Herbert Quandt-Stiftung die Idee einer „positiven Gentrifizierung“ ländlicher Räume entwickelt. Das Positive besteht dabei darin, dass es keine ausgeprägte Verliererseite wie in urbanen Gentrifizierungsprozessen gibt. 2017 ist dann das Konzept der „Neuen Ländlichkeit“ als Zukunftsentwurf für ein Leben auf dem Lande unter den Bedingungen der Digitalen Revolution dazugekommen. Das ist nachzulesen in meinem Buch „Luxus Landleben – Neue Ländlichkeit am Beispiel Mecklenburgs“ (für 11.45 € bei der Mecklenburger AnStiftung über kontakt@anstiftung-mv.de erhältlich). Den damit verbundenen Debatten widme ich mich mit zahlreichen Vorträgen und meinem zweiten Blog: www.landblog-mv.de
Vielleicht ergeben sich auch fruchtbare Synergien zwischen dem Stiftungs- und dem Ländlichkeitsthema.
Ich würde mich freuen, wenn wir über diesen Blog weiter in Verbindung bleiben. Auch über gelegentliche Resonanz, die mich sehr selten als hier sichtbarer Kommentar, häufiger dagegen als persönliche Mail erreicht.
In Dankbarkeit für Ihr Interesse grüßt sie
Wolf Schmidt